Austellungs-Details

Christian Faesecke: Heiliges Leder – Zwischen Verehrung und Vermarktung: vom Schicksal indischer Kühe - Fotografie

Christian Faesecke: Heiliges Leder – Zwischen Verehrung und Vermarktung: vom Schicksal indischer Kühe - Fotografie
Vernissage: 1. April 2017, 19 Uhr
Ausstellungsdauer: 2.-30. April 2017, Do-So 15-19 Uhr

In den letzten Jahrzehnten hat sich im Grenzgebiet zwischen Indien und Bangladesch ein reger und lukrativer Kuhschmuggel etabliert. Der Verkauf der im Hinduismus Indiens als heilig geltenden Kühe ins muslimische Nachbarland bringt für die indischen Bauern oft das Doppelte dessen ein, was sie auf dem einheimischen Markt bekommen. Nach Schätzungen von indischen Nachrichtenagenturen werden jährlich etwa 2 Millionen heilige Kühe über die 4.000 Kilometer lange Grenze ins ehemalige Ost-Pakistan geschmuggelt. Doch mit dem Wahlerfolg von Narendra Modis hindu-nationalistischer BJP (Bharatiya Janata Party) im Mai 2014, wurden ein Jahr darauf 30.000 indische Grenzsoldaten angewiesen, diesem Treiben Einhalt zu gebieten.

Trotz der verschärften Grenzkontrollen gelangen jedoch weiterhin indische Kühe ins benachbarte Bangladesch. Eine stetige Nachfrage bei stockendem Angebot garantiert einen lukrativen Gewinn. Dafür werden noch riskantere Schmuggelrouten oder höhere Bestechungsgelder riskiert.

Nachts werden die Tiere meist in großen Herden über den unwegsamen und schwer zu kontrollierenden  Grenzstreifen nach Bangladesch geschmuggelt. In Bagachra, einem kleinen Ort kurz hinter der Grenze, ist der größte Viehmarkt im Südwesten Bangladeschs. Er gehört einem Geschäftsmann, der vom Staat mit einer Lizenz ausgestattet wurde, aus indischen Kühen Einheimische zu machen. Hinter vergitterten Fenstern stellen Mitarbeiter für 500 Takka (etwa 6 Euro) pro Kuh die passende Staatsbürgerschaft aus. Von hier aus dürfen die Kühe nun wieder ganz legal weiterverkauft und abtransportiert werden.

Ein Vieh-Händler, der nicht namentlich genannt werden will, erklärt: "Eine Herde von 100 Kühen kostet etwa 25.000 Euro. Die Bestechungsgelder für die indischen Polizisten oder Armeeangehörigen etwa 5.000 Euro. 30 Schmuggler, die die gefährlichste Aufgabe übernehmen, sind dagegen schon für 200 Euro zu haben. In Bagachra bringt eine 100-köpfige Herde, je nach Größe der Tiere, 50.000-60.000 Euro ein."

Dicht an dicht gequetscht werden die Tiere nun auf Viehtransportern über ganz Bangladesch verteilt. In unzähligen Schlachthäusern oder nachts auf den in Bangladesch üblichen Straßenschlachtungen endet die lange Reise der ausgemergelten Tiere.
Durch die seit Anfang 2015 geltenden indischen Grenzbeschränkungen ist der Preis von Rindfleisch in Bangladesch von vormals 280 Takka auf bis zu 400 Takka gestiegen (von 3,22 € auf 4,60 €). Ein Großteil des Fleisches wird in die Golf-Staaten exportiert.
Die Felle indess gelangen über Zwischenhändler nach Hazaribagh, einem Stadtteil von Dhaka. Hier haben mindestens 200 Ledergerbereien ihren Sitz. Im Jahr 2013 hat das New Yorker Blacksmith Institute den Bezirk zum fünftverseuchtesten Ort unserer Erde gewählt. Schon damals sollen hier mehr als 160.000 Menschen erkrankt sein - bunte Ströme der giftigen Gerbereiabwässer in der offenen Kanalisation geben einen Hinweis auf das Warum. Zwar hatte der oberste Gerichtshof in Dhaka die Regierung schon 2009 angewiesen, die Gerbereien umzusiedeln, aber passiert ist nichts. Im Gegenteil: Seitdem hat die Lederinustrie jährliche Umsatzsteigerungen bis zu 30 Prozent erwirtschaftet.

Schutzkleidung wie Gummihandschuhe oder Plastikschürzen sind nur sporadisch vorhanden. Die Arbeiter stehen barfuß und einzig mit einem Lungi (baumwollender Umhang) bekleidet, in der giftigen Lauge. Atemwegserkrankungen und Hautausschläge sind hier an der Tagesordnung.
Inzwischen hat sich das Leder der Heiligen Kühe längst mit denen von einheimischen Kühen und Wasserbüffeln vermischt. Aufgespannt an Nägeln liegt es auf den Dächern der Gerbereien in der schimmernden Abendsonne zum Trocknen. Tierschutzorganisationen wie PETA fordern seit langem eine nachvollziehbare Kennzeichnungspflicht für Leder. So bedeutet ein "Made in Italy" lediglich, dass das Zusammenfügen der Einzelteile zum Schuh in Italien durchgeführt wurde. Das Oberleder eines Schuhes kann beispielsweise in der Türkei zugeschnitten und gefärbt worden sein, die Gerbung und Schlachtung erfolgte zuvor in Bangladesch, und die Kuh stammte ursprünglich aus Indien.

Dicht an dicht gequetscht werden die Tiere nun auf Viehtransportern über ganz Bangladesch verteilt. In unzähligen Schlachthäusern oder nachts auf den in Bangladesch üblichen Straßenschlachtungen endet die lange Reise der ausgemergelten Tiere.
Durch die seit Anfang 2015 geltenden indischen Grenzbeschränkungen ist der Preis von Rindfleisch in Bangladesch von vormals 280 Takka auf bis zu 400 Takka gestiegen (von 3,22 € auf 4,60 €). Ein Großteil des Fleisches wird in die Golf-Staaten exportiert.
Die Felle indess gelangen über Zwischenhändler nach Hazaribagh, einem Stadtteil von Dhaka. Hier haben mindestens 200 Ledergerbereien ihren Sitz. Im Jahr 2013 hat das New Yorker Blacksmith Institute den Bezirk zum fünftverseuchtesten Ort unserer Erde gewählt. Schon damals sollen hier mehr als 160.000 Menschen erkrankt sein - bunte Ströme der giftigen Gerbereiabwässer in der offenen Kanalisation geben einen Hinweis auf das Warum. Zwar hatte der oberste Gerichtshof in Dhaka die Regierung schon 2009 angewiesen, die Gerbereien umzusiedeln, aber passiert ist nichts. Im Gegenteil: Seitdem hat die Lederinustrie jährliche Umsatzsteigerungen bis zu 30 Prozent erwirtschaftet.

Schutzkleidung wie Gummihandschuhe oder Plastikschürzen sind nur sporadisch vorhanden. Die Arbeiter stehen barfuß und einzig mit einem Lungi (baumwollender Umhang) bekleidet, in der giftigen Lauge. Atemwegserkrankungen und Hautausschläge sind hier an der Tagesordnung.
Inzwischen hat sich das Leder der Heiligen Kühe längst mit denen von einheimischen Kühen und Wasserbüffeln vermischt. Aufgespannt an Nägeln liegt es auf den Dächern der Gerbereien in der schimmernden Abendsonne zum Trocknen. Tierschutzorganisationen wie PETA fordern seit langem eine nachvollziehbare Kennzeichnungspflicht für Leder. So bedeutet ein "Made in Italy" lediglich, dass das Zusammenfügen der Einzelteile zum Schuh in Italien durchgeführt wurde. Das Oberleder eines Schuhes kann beispielsweise in der Türkei zugeschnitten und gefärbt worden sein, die Gerbung und Schlachtung erfolgte zuvor in Bangladesch, und die Kuh stammte ursprünglich aus Indien.

Zurück

Bild